Sport braucht Strategie – und 31 Milliarden

Im BSI vertreten sind internationale Marktführer sowie zahlreiche Hidden Champions aus dem Mittelstand – bei fast jeder sportlichen Aktivität werden Produkte von BSI-Mitgliedern verwendet. Insgesamt erwirtschaften die Mitgliedsunternehmen einen Gesamtumsatz von ca. 35 Milliarden Euro. Der BSI vertritt die Interessen der Sportwirtschaft und damit auch die zahlreichen Sportler, die nicht in Sportverbänden organisiert sind. Die Verbesserung der Bedingungen zur Ausübung von Sport und Bewegung in der Gesellschaft ist daher das zentrale Anliegen des Verbandes – als verlässlicher und souveräner Ansprechpartner der Politik. 

Deutschland braucht eine aktive, gesunde und somit auch leistungsfähige Gesellschaft

Die unzureichende körperliche Bewegung in Deutschland und weltweit ist alarmierend. Der BSI sieht eine hohe Verantwortung bei der Politik, den Breiten-/Individualsport und folglich Sport und Bewegung in Deutschland zu stärken. Mit seiner Sportpolitischen Position hat der BSI sechs Forderungen an die Politik formuliert. Ein Auszug:

1

Forderung nach einem höheren Stellenwert für Sport und Bewegung!

Sportförderung ist eine Querschnittsaufgabe. Um die Herausforderungen durch Bewegungs-armut besser bewältigen zu können, müssen Sport und Bewegung mehr bundespolitische Bedeutung bekommen: wir fordern eine gebündelte Zuständigkeit in der Bundesregierung durch einen Staatsminister oder eine Staatsministerin für Sport, der/die die interministerielle Koordination übernimmt und idealerweise im Kanzleramt verankert ist! Sport und Bewegung brauchen ein eigenes Förderbudget, das unter Beteiligung der relevanten Bundesministerien deutlich höher ausfallen muss.

2

Ausbau der Sportförderung, um Folgekosten durch Bewegungsmangel zu reduzieren!

Das Potenzial des Sports zur Stärkung einer aktiven, gesunden, leistungsfähigen Gesellschaft und zur Stärkung unserer Demokratie muss stärker genutzt werden. Breiten- und Individualsport sind wichtige Bausteine für die physische und psychische Gesundheit der Bevölkerung. Wir fordern daher höhere Investitionen für den Breiten- und Individualsport sowie langfristig finanzierte Förderprogramme, auch auf Bundesebene. Die Maßnahmen zur Förderung von Sport und Bewegung entsprechen der WHO-Bewegungsempfehlung und sind flächendeckend zu gestalten.

Zum dringenden Abbau des Sanierungsstaus bei Sportstätten schließen wir uns den Forderungen des DOSB nach Investitionen in Höhe von mindestens 31 Milliarden Euro an.

Mit einem „SportPass“ kann sozial Benachteiligten der Zugang zur Ausübung von Sport wirkungsvoll erleichtert werden. Ein weiteres wirksames Mittel wäre ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 7 % auf Produkte und Dienstleistungen, die in einem direkten Zusammenhang zu gesundheitsfördernden Sport- und Bewegungsangeboten stehen.

3

Umfassende Sport- und Bewegungsförderung für Kinder und Jugendliche!

Sport und Bewegung in Kitas und Schulen müssen nicht nur gewährleistet, sondern deutlich stärker und systematisch gefördert werden, da sie für die Gesundheitsvorsorge der kommenden Generationen und die Entwicklung von Sozialkompetenzen von zentraler Bedeutung sind.

Es braucht gezielte Maßnahmen für mehr Qualität in der Bewegungsförderung in Durchführung, Gestaltung der Maßnahmen sowie der Ausstattung und Wartung von Sportgeräten und Sporträumen! Sport und Bewegungsaktivitäten in Kitas und Schulen sollten von ausgebildeten bzw. ausreichend fortgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Schwimmen als Sport und lebensrettender Maßnahme zu.

4

Gewährleistung eines inklusiven, fairen und sicheren Zugangs zu Sportangeboten für Alle!

Als Förderung sozialer Teilhabe muss die Ausübung von Sport unabhängig von Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status, Behinderungen oder ethnischer Herkunft ermöglicht und gefördert werden. Benachteiligte Gruppen müssen besonders berücksichtigt werden. Niedrigschwellige und inklusive Angebote sind notwendig, um Sport und Bewegung im Alltag eines jeden Menschen zu integrieren.

Die Sportinfrastruktur für den selbstorganisierten Sport muss ausgebaut werden, da er die am weitesten verbreitete Form der Sportausübung und in der Fördermittelvergabe unterrepräsentiert ist.

5

Verankerung einer nachhaltigen Sportstrategie in der Sportpolitik!

Nachhaltigkeit und Sport gehören zusammen! Die staatliche Auftragsvergabe im Sportanlagenbau und bei Sportgroßveranstaltungen muss an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt werden. So ist auf Qualität, Nutzungs- und Lebensdauer sowie auf Reparaturfähigkeit zu achten.

Die Schaffung nachhaltiger Mobilitätskonzepte für die An-/Abreise zu Sportveranstaltungen, in die Natur (Outdoorsport) oder zum Training sind ebenfalls von großer Bedeutung, da so ein Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung geleistet wird.

Zusätzlich muss die Sportausübung in der Natur durch ein freies Betretungsrecht weiter gefördert werden. Der BSI unterstützt dieses Thema über die Förderung des Kuratoriums Sport und Natur, welches sich zusammen mit der Politik der Aufgabe widmet, Natursport und Nachhaltigkeit im Sport zu stärken.

6

Anerkennung des Sports als Wirtschaftsfaktor!

Mit über einer Million Beschäftigten im Sport und einem Anteil von 2,5 % an der gesamten inländischen Bruttowertschöpfung ist der Sport ein relevanter Faktor für Wirtschaft und Arbeitsmarkt.

Sport hat eine besondere Bedeutung für den Tourismus in Deutschland. Viele Regionen sind aufgrund ihrer Angebote für Outdoor-, Wasser-, Rad- und Wintersport attraktive Urlaubsziele. Die Sportwirtschaft als innovative und nachhaltige Branche leistet mit der Ausstattung und Förderung all dieser Sportarten einen gesellschaftlichen Beitrag zur Gesundheitsförderung.

Die Sportwirtschaft ist auch Repräsentantin des selbstorganisierten Sports, der den größten Anteil der Sportausübung ausmacht, aber im Vergleich zum organisierten Sport deutlich unterrepräsentiert ist. Aufgrund dessen sollte die Sportwirtschaft in sportrelevante Projekte, wie den Entwicklungsplan Sport oder den Sportbericht der Bundesregierung stärker eingebunden werden. 

Der Bundesverband der deutschen Sportartikel-Industrie e. V. ist der 1910 gegründete Unternehmensverband der deutschen Sportartikelhersteller, -grosshändler und -importeure. Die Mitgliedsunternehmen sind so vielfaltig wie der Sport selbst: mehr als 170 Unternehmen mit über 220 Marken aus den Bereichen Textilien, Schuhe und Sportgeräte (Hartwaren) werden durch den BSI vertreten. Sie bauen Turn- und Sportgeräte für Schulen, ermöglichen Breitensportprojekte, sind Sponsoren für Sportvereine oder
beliefern Olympische Spielstätten.

Website BSI

Im Dialog mit

Stefan Rosenkranz

Welche Möglichkeiten hat der Sport, seinen Forderungen mehr Gehör zu verschaffen? Wie geht der BSI konkret vor?

Hier geht es vor allem um eine gemeinsame Stimme gegenüber der Politik. Wir als Verband sind seit mittlerweile vier Jahren mit einer politischen Interessenvertretung in Berlin. Auch wenn Breitensport in Deutschland föderal organisiert ist, fordern wir eine bundespolitische Verantwortung – so wie es im Bereich der Kulturförderung bereits der Fall ist. Gerade in einer herausfordernden Haushaltslage des Bundes ist es wichtig, dass alle Akteure des Sports möglichst eine gemeinsame Stimme formulieren, um der Bedeutung von Breitensport noch mehr Nachdruck zu verleihen. Studien und Analysen über die präventive Wirkung von Sport und Bewegung gibt es genug – nur in der Umsetzung und in der richtigen Verteilung von Fördermitteln und Haushaltsbudgets sind wir noch lange nicht am Ziel. 

Was bedeutet es mittel- und langfristig für den Sport und seine Infrastruktur, wenn die milliardenschweren Defizite zwar bekannt sind, aber konkrete Strategien und Konzepte ausbleiben? 

Die Ergebnisse der olympischen Spiele von Paris zeigen, dass wir keine Top-Sportnation mehr sind. Denn ohne funktionierenden Breitensport gibt es auch weniger Talente, die dann olympische Medaillen gewinnen können. Aber Sport ist noch so viel mehr – vor allem natürlich Prävention und damit automatisch ein wichtiger Beitrag zur Senkung der Gesundheitskosten. Darüber hinaus bringt Sport Menschen zusammen: Vor allem im Nachwuchsbereich lehrt Sport das soziale Miteinander. Gerade in Zeiten von Migrationsdebatten wird der Sport als Unterstützung zur Integration viel zu wenig beachtet. 

Sie haben den großen Anteil des informellen oder nichtvereinsgebundenen Sports angesprochen: Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf den Sportstättenbau?

Sportstätten werden nicht nur von Vereinssportlern genutzt, sondern sehr oft auch von Freizeit- und Individualsportlern, wie zum Beispiel Schwimmbäder, aber auch andere öffentlich Sportstätten. Daher sind gut entwickelte und instandgesetzte Sportstätten sowohl für den zukünftigen Vereins- als auch den Individualsport eine Voraussetzung zur Ausübung. Natürlich gibt es auch die freie Natur zur Ausübung des Sports. Auch hier muss weiterhin sichergestellt werden, dass uns das freie Betretungsrecht erhalten bleibt. Egal ob Sporthallen, Stadien oder Natur – nur durch eine intakte Sportinfrastruktur werden wir den Anteil der Sport- und Bewegungstreibenden in Deutschland wieder erhöhen können. 

Welche Art von Sportstätten halten Sie angesichts der Individualisierung des Sports und des finanziellen und ökologischen Drucks für zukunftsfähig?

Auf jeden Fall müssen Sportstätten zukünftig auf nachhaltigen Konzepten basieren. Was für private Haushalte und die Wirtschaft gilt – muss vor allem in Sportstätten schnell Umsetzung finden. Hier können der Staat bzw. die Kommunen Vorbild sein. Die ökonomische Betrachtung, also der Kosten-/Nutzen-Vergleich von Sportstätten, ist nur in Verbindung mit der Bewertung der positiven Folgen für die Gesellschaft sinnvoll. Jeder in Sportstätten zusätzlich investierte Euro wird mittelfristig in Einsparungen im Gesundheitssystem, aber auch den Kosten für die gesellschaftliche Entwicklung spürbar sein. 

Darüber hinaus müssen Sportstätten den inklusiven Standards entsprechen, das heißt einfache und barrierefreie Zugänge für alle Sportlerinnen und Sportler sowie die Schaffung von nachhaltigen Anfahrtskonzepten. 

Können Sie eine Sportanlage oder einen Typus nennen, der diese Kriterien erfüllt?

Beispiel einer richtungsweisenden Idee sind die teilweise noch aus den 70er Jahren stammenden Trimm Dich-Pfade, die es ja in vielen Regionen in Deutschland gibt. Eines unserer Mitgliedsunternehmen hat eben einen solchen Trimm Dich-Pfad modernisiert, das heißt auf den bestehen Flächen und Wegen modernste Geräte installiert. Und so wird eine bereits fast 50 Jahre bestehende Sportstätte mit relativ wenig Aufwand zu einem neuen, modernen Sportpark und Treffpunkt für Jung und Alt. 

Stefan Rosenkranz
Geschäftsführer BSI e. V.

Zur Person:
Bereits seit den 1990er-Jahren ist Stefan Rosenkranz in der Sportartikelbranche. Seine Karriere dort startete der diplomierte Betriebswirt als International Sales Manager bei Marker Deutschland.

2000 wechselte er zu Fischer, wo er fast 10 Jahre General Manager Alpine war. Danach übernahm Rosenkranz den Posten des Geschäftsführers bei Oberalp Deutschland. Zehn Jahre später gründete er eine eigene Agentur mit dem Schwerpunkt auf digitalen Lösungen.

Anfang 2021 wurde der heute 59-jährige zum Geschäftsführer des BSI berufen.